Schlosskapelle reicht für Besucher nicht aus

von Christine Krauskopf

Herborn. (cka) Schon eine Viertelstunde vor Beginn des Konzertes war klar: Die gestellten Stühle reichten vorne und hinten nicht. So groß war das Interesse an der Musik John Dowlands.

Kurzerhand wurde das Fenster zum Hof der Schlosskapelle geöffnet, und ein Teil der Zuhörer nahm draußen Platz, um Mona Debus und Janine Grove (beide Sopran) sowie dem Gitarristen Michael Simon zu lauschen. Es moderierte Günter Emde. Veranstalter war die Evangelische Kirchengemeinde Herborn.
Neu war in der Renaissance, das individuelle Denken und Fühlen in der Musik in den Vordergrund zu stellen, erklärte Emde. Man begann zu reflektieren, die Musik wurde farbiger, es war auch die Zeit William Shakespeares (1564-1616).
John Dowland (1563-1626), der zu seiner Zeit der populärste Musiker in England war, strebte erfolglos die Stelle eines Lautenisten am Hofe Elisabeths I. an. Und so ging er aufs Festland und hielt sich am Hofe des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel und des Landgrafen Moritz von Hessen in Kassel auf. Anschließend ging er nach Italien und nach Dänemark an den Hof Christians IV., bevor er nach dem Tode Elisabeths I. doch noch an den Hof berufen wurde.
Dowland schrieb viele Liebeslieder, in denen er Vergleiche mit der Natur anstellte oder auch Beziehungsgeflechte mit Gegensätzen zeichnete. Seine Musik schrieb er für die Laute, Michael Simon spielte die Transkription am Sonntag für die Gitarre.
Schnell ließen sich die Zuhörer von Mona Debus und Janine Grove musikalisch in die Zeit der Renaissance zurückversetzen, in eine zarte, romantische Stimmung, die von der Gitarre kunstvoll untermalt wurde. Bei manchen Liedern hätte man gerne mitgesummt. Bei anderen setzte jeder einzelne Ton einen Akzent, als sei es ein Pinselstrich, der als gesamte Komposition ein harmonisches und poetisches Bild ergab. Janine Grove bestach durch ihre warmen Sopran, während Mona Debus mit klarer, heller Stimme überzeugte. Wunderschön filigran wirkten auch die instrumentalen Miniaturen.
Heute muss sich der Zuhörer erst in die Musik der Renaissance hineinfühlen, so fremd erscheint sie zunächst. Zu Dowlands Zeit, berichtete Emde, stand er mit seinem Umgang mit der Musik, mit Dissonanzen und Schlusswendungen für allerhöchstes und modernes Niveau.